Hyaluronsäure

Unsere Gelenke sind einer permanenten mechanischen Belastung ausgesetzt und damit auf spezielle Eigenschaften des Gelenkknorpels und der extrazellulären Matrix angewiesen. Chemische Verbindungen, die dem Knorpel die passenden Eigenschaften als „Stoßdämpfer“ des Körpers verleihen, sind die „Proteoglykane“. Diese bestehen aus Proteinen, die über kovalente Bindungen mit Seitenketten aus Kohlenhydraten assoziiert sind.

Proteoglykane bilden im hyalinen Knorpel umfassende Aggregate aus. Das Rückgrat dieser „Superstrukturen“ bildet die Hyaluronsäure (auch: Hyaluronan) während die negativen Ladungen der Proteoglykane die Anlagerung von partiell positiv geladenen Wassermolekülen ermöglichen. Durch die entstehende hohe Ladungsdichte im Gewebe stoßen sich die Moleküle gegenseitig ab. Die Ausdehnung wird jedoch durch die festen Kollagenfasern lokal begrenzt, was dem Knorpel – durch den resultierenden hohen Gewebeinnendruck – seine charakteristische Viskosität und Druckbeständigkeit verleiht. Hyaluronan liegt in seiner löslichen Form auch in der in der Synovialflüssigkeit vor, wo es als natürliches „Schmiermittel“ fungiert. Die Gelenkflüssigkeit ist auch für die Ernährung des Knorpelgewebes verantwortlich. Die Versorgung der Chondrozyten (Knorpelzellen) wird dabei durch die abwechselnde Be- und Entlastung eines Gelenks gewährleistet. Daher spielt auch regelmäßige Bewegung eine zentrale Rolle für die Gesundheit jedes Gelenks.

Gelenkerkrankungen und ihre Folgen

Die starke Abnutzung eines Gelenks kann dazu führen, dass diese „Stoßdämpfung“ nicht mehr angemessen funktioniert. Durch eine Degeneration des Gelenkknorpels kann es zu Belastungsschmerzen und starken Bewegungseinschränkungen kommen. Eine der häufigsten degenerativen Gelenkerkrankungen ist die Arthrose.

Dieses Krankheitsbild stellt zwar eine klassische Alterserscheinung dar, aber auch Überbelastung oder eine angeborene Fehlstellung können die Degeneration der Knorpelschicht auslösen. Kommt es durch den fortschreitenden Knorpelabbau zu einem direkten Kontakt der Knochenoberflächen, resultiert dies in starken, anhaltenden Schmerzen. Auch eine Entzündung im Gelenk kann sich etablieren (Arthritis). Eine vermehrte Flüssigkeitsproduktion im Gelenk führt in einigen Fällen zu einem Gelenkerguss. Dabei schwillt das Gelenk stark an und ist gerötet. Kann die Degeneration nicht gestoppt oder verlangsamt werden, ist ein operativer Gelenkersatz häufig die letzte Option für Betroffene.

Die Viskosupplementation lindert die Beschwerden einer Arthrose

Eine Arthrosebehandlung erfolgt symptomatisch. Bei akuten Beschwerden sorgen zunächst Schonung und Entlastung für eine Verbesserung. Auch orthopädische Bandagen, Wärmeanwendungen oder eine Gewichtsreduktion bei starkem Übergewicht können dabei helfen, ein geschwächtes Gelenk zu entlasten. Ausreichend körperliche Bewegung und Physiotherapie fördern unterstützend den Muskelaufbau.

Nehmen die Beschwerden trotzdem weiter zu, bietet eine Schmerztherapie mit Diclofenac, Paracetamol oder Ibuprofen schnelle Hilfe. Bei Gelenkergüssen kommt häufig Cortison zum Einsatz. Da medikamentöse Behandlungen jedoch langfristig zu ernsthaften Nebenwirkungen führen können, sollten diese nur zeitlich begrenzt angewendet werden. Viele Orthopäden setzen daher alternativ auf Hyaluronsäure-Injektionen, um ein geschädigtes Gelenk wieder zu „schmieren“. Bei dieser so genannten „Viskosupplementation“ wird der Wirkstoff direkt in das geschädigte Gelenk gespritzt. Das „Auffüllen“ der Hyaluronsäurereserven kann das Risiko einer Arthritis verringern und Schmerzen vorbeugen, indem die Gleitfähigkeit der Synovialflüssigkeit wieder verbessert wird.

Für wen ist die Behandlung geeignet?

Die Behandlung mit einem Hyaluronsäurepräparat kann in jedem Stadium des Gelenkverschleißes erfolgen. Die besten Ergebnisse können jedoch bei Patienten mit einem leichten beziehungsweise beginnenden Gelenkverschleiß erzielt werden. Sind noch ausreichend gesunde Chondrozyten im Knorpelgewebe vorhanden, unterstützt die Viskosupplementation die Versorgung dieser Zellen mit Nährstoffen. Sie werden außerdem zur Proliferation und Regeneration angeregt. Ist die Degeneration schon sehr weit fortgeschritten, können Gelenke durch Hyaluronsäure-Injektionen unterspritzt werden, um den Verlust des Gelenkknorpels vorübergehend auszugleichen.

Hyaluronsäurepräparate gibt es in verschiedenen Ausführungen. Eine langkettige, „hochmolekulare“ Variante wird als Schmiermittel eingesetzt. Die Moleküle lagern sich an das beschädigte Knorpelgewebe oder den freiliegenden Knochen an und wirken dort wie ein Schutzfilm. Eine kürzere, „niedermolekulare“ Form wirkt schmerzlindernd, entzündungshemmend und unterstützt die Proliferation der Knorpelzellen. Die besten Resultate lassen sich häufig mit Kombinationspräparaten erzielen.

Da die positiven Effekte der Hyaluronsäure-Behandlung zwar bekannt, aber nicht wissenschaftlich abgesichert sind, übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten (250 bis 300 Euro pro Behandlung) nicht. Kontraindikationen für die Viskosupplementation sind bekannte Allergien gegen Bestandteile des entsprechenden Präparats oder akute Hautkrankheiten in der Gelenkregion. Auch die zeitgleiche Anwendung gerinnungshemmender Medikamente erhöht das Risiko einer Einblutung durch die Punktion und sollte daher im Vorfeld mit einem Arzt abgeklärt werden.

Pro und Kontra der Viskosupplementation

Hyaluronsäure wurde im Jahre 1934 das erste Mal isoliert. Seit den achtziger Jahren sind entsprechende Präparate im Handel erhältlich. Der Wirkstoff, der ursprünglich aus tierischen Quellen (Hahnenkämme) gewonnen wurde, wird seit 1997 auch biotechnologisch hergestellt. Dadurch konnte das allergene Potenzial der Präparate effektiv gesenkt werden.

Die Anwendung ist also nicht neu, aber dennoch umstritten. Da die Wirkung einer Viskosupplementation in vielen Fällen nur einige Monate anhält, steht diese häufig in der Kritik. Die Hyaluronsäurepräparate werden mit der Zeit wieder abgebaut, eine regelmäßige Auffrischung ist daher notwendig. Auch müssen pro Behandlung zwei bis fünf Injektionen in einem wöchentlichen Abstand gesetzt werden. Das viel diskutierte Infektionsrisiko an der Einstichstelle kann durch sterile Arbeitsbedingungen jedoch wirksam minimiert werden. Es wird auch häufig bemängelt, dass durch die Hyaluronsäure-Supplementation nur die Symptome bekämpft werden, nicht die Ursache. Da eine Arthrose jedoch generell als „unheilbar“ gilt, geht es auch bei allen anderen bekannten Therapieformen, die bei Gelenkerkrankungen zum Einsatz kommen, in erster Linie um Schadensbegrenzung und eine verbesserte Lebensqualität für Betroffene.

Ein großer Vorteil der Hyaluronsäure-Behandlung ist das Ausbleiben von Nebenwirkungen, da die verwendete Substanz nicht körperfremd ist. Die lokale Injektion der Präparate wirkt auch zielgerichteter und effektiver als viele oral verabreichte Schmerzmittel, die den gesamten Organismus belasten. Hyaluronan ist auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, die Wirkung bleibt jedoch hinter der einer Viskosupplementation zurück.

Auch wenn die Meinungen zum Thema Hyaluronsäure-Supplementation stark auseinandergehen, sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Großteil der Patienten von einer Verbesserung ihrer Beschwerden durch die Anwendung berichtet. Daher hat sich, entgegen aller Kritik, diese Art der Arthrosetherapie im Laufe der Jahre fest etabliert. Viele Patienten, Orthopäden und Sportmediziner schwören auf die positive Wirkung der Hyaluronsäure-Behandlung, was für Betroffene zusätzliche Hoffnung auf eine schmerzfreie Zeit bedeutet.